Viele wissen es ganz genau: Die Kuenringer waren Raubritter! Sie ist auch zu romantisch, die schaurig-schöne Sage von der Kette über die Donau, mit der arglose Schiffsreisende angehalten und anschließend ausgeraubt wurden. Allein - 's ist alles nicht wahr. Wohl gibt es - wie bei jeder Sage - einen wahren Kern. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Bild der Kuenringer als Raubritter schlicht falsch ist.

Was aber waren die Kuenringer dann? Die Geschichtswissenschaft gibt uns die Antwort: Die Kuenringer waren ein Ministerialengeschlecht. Gut, was aber ist ein Ministeriale? Für eine Antwort auf diese Frage müssen wir ein wenig weiter ausholen.

Seit dem 11. Jahrhundert stiegen die Babenberger zu den Landesherren des werdenden Österreich auf. Aber es gilt auch hier, was Bert Brecht in der "Frage eines lesenden Arbeiters" schreibt: "Caesar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich?" Natürlich waren auch die Babenberger auf einen Stab von Dienstleuten angewiesen. An der Spitze der Hierarchie dieser Dienstleute standen die Ministerialen. Diese waren ebenso wie die übrigen Dienstleute nicht völlig frei. Das heißt, sie blieben an ihren Herrn gebunden und konnten von diesem verkauft, verschenkt und vererbt werden. Ein Ministerialenamt eröffnete aber auch soziale Möglichkeiten ungeahnten Ausmaßes. Viele Ministerialen wurden aus ihrer unfreien Position heraus Adelige, lösten den alten Adel ab, bzw. verschmolzen mit ihm. So waren auch die Vorfahren des Regierenden Fürsten von Liechtenstein solche Ministerialen, die durchaus mit den Kuenringern zu vergleichen sind.

Der Besitz dieser Ministerialen - wie die Burg Kuenring für die Kuenringer - war gewissermaßen deren Betriebskapital.

Die ersten zweihundert Jahre der Geschichte Kühnrings - soweit sich diese auf schriftliche Quellen stützen kann - ist auf das Engste mit der Geschichte der Kuenringer verbunden. 

Da stellt sich natürlich die Frage: woher wissen wir das. Was sind die geschichtlichen Quellen, die uns davon erzählen - und wo kann der Leser dieser Seiten noch mehr erfahren.

Abgesehen von unzähligen Urkunden, die sich auf die Kuenringer beziehen und in denen sie als Zeugen genannt werden, finden wir die älteste Erwähnung der Kuenringer im "Stiftungsbuch des Klosters Zwettl" (Liber fundatorum). Aufgrund seines Einbandes wird dieses Buch auch als "Bärenhaut" bezeichnet.

Dieses Buch, das im 13. Jahrhundert entstanden ist, beschreibt die Geschichte der Kuenringer in drei Fassungen:

  • die Zwettler Reimchronik: enthält ene poetische Bearbeitung der Geschichte der Kuenringer in deutscher Sprache
  • eine lateinische - in leonischen Versen verfasste - Genealogie der Kuenringer
  • eine ebenfalls lateinische Prosafassung dieser Verschronik.

Es ist festzuhalten, dass es sich bei den Genealogien um sagenhafte Erzählungen handelt, die im Rückblick über 200 Jahre entstanden sind und die daher lediglich eingeschränkte historische Glaubwürdigkeit besitzen. Das Bild, das von den einzelnen Personen aus dem Geschlecht der Kuenringer gezeichnet wird, ist stark abhängig von deren Beziehung zum Stift Zwettl, das ja von den Kuenringern gegründet wurde. Trotz dieses Faktums haben diese oft legendenhaften Erzählungen einen sehr realen historischen Hintergrund.

Das bisher bedeutendste Werk über die Kuenringer stammt vom Seitenstettner Gymnasiallehrer Gottfried Edmund Friess; "Die Herren von Kuenring" enthält über 1000 Regesten (Abschriften von Urkunden) und ist 1874 erschienen.

Eine Reihe von Publikationen erschien auch im Zusammenhang mit der Nö. Landesausstellung 1981, "Die Kuenringer - Das Werden des Landes Niederösterreich". Beispielhaft sei hier die Schrift "Die Kuenringer - Adeliges Leben in Niederösterreich" von Karl Brunner und der Ausstellungskatalog angeführt.

Kühnring - Kuenring. Es ist nicht zu übersehen oder zu überhören, dass da eine Beziehung zwischen den beiden Namen sein muss. Trotzdem - es scheint, dass diese Beziehung im öffentlichen Bewusstsein verloren gegangen ist. Kuenringer-Städte sind Zwettl, Weitra und andere. So mancher Politiker lässt sich gerne als 'Letzter Kuenringer' bezeichnen. Und wo bleibt Kühnring. Was hat dieses Dorf mit dem ruhmreichen Geschlecht der Kuenringer nun wirklich zu tun? Die Antwort auf diese Frage soll auf den folgenden Seiten herausgearbeitet werden.